Im aktuellen STERN (Nr.46 vom 11.11.2016, S. 60-64) geben die Architekten der neuen Elbphilharmonie, Jacques Herzog und Pierre de Meuron, ein Interview, das für uns interessant ist. Viele Fragen der Reporter beziehen sich darauf, ob es legitim ist, Steuergelder für einen so teuren Bau auszugeben („Flüchtlingskrise, Finanzkrise, zu wenig erschwinglicher Wohnraum: Ist ikonische Wahrzeichen-Architektur nicht letztlich überkommene Pharaonenarchitektur?“) Die Fragen kann man auch in Bezug auf öffentlich gefördertes Theater stellen, im Besonderen zur kommunalen Ausgabenpolitik für das Gastspieltheater in Deutschlands „Fläche“.
Die Antworten der Architekten lesen sich wie die Verteidigung jeglicher öffentlicher Ausgaben für Kunst und Kultur im kommunalen Raum. Städte bestehen aus vielfältigen Wohn- und Gewerbequartieren. Die „Monumente“ tragen jedoch zur Identität der Städte bei. Dazu gehören Konzertsäle, Theater und Museen. Vor allem ist die Feststellung richtig, dass wir Wohnraum nicht gegen Kulturraum ausspielen dürfen. Auch nicht kommunale Pflichtausgaben gegen die Kulturausgaben! Die Argumentation in den Städten ist oft fragwürdig.
Offensichtlich hängt es tatsächlich vielerorts davon ab, ob Bürgermeisteramt und der Kämmerei etwas für die Kunst übrig haben oder nicht. In Großstädten gibt es genügend Gruppen, die kulturelles Engagement von ihrer Stadtspitze einfordern. Nur so verbleiben im öffentlichen Raum Orte für Austausch, Bildung und Diskussion erhalten. Diese Orte beziehen ihre Kraft aus der Gestaltung durch Kunst und kulturelle Aktvitäten.
Es geht um die Frage, wie wir eigentlich in unserer Stadt leben wollen. In kleinen Städten und ländlichen Gebieten fehlt oft die Lobby der Kulturermöglicher, also derer, die Kultur machen, fordern und fördern. Die beiden Architekten sprechen von „Leuchttürmen“ der Städte. Früher die Kirchen, heute die Museen und Konzerthäuser. Zu ergänzen wären die Theater. Wir müssen verstehen, dass es gerade das Besondere ist, das nicht Alltägliche, das unser freies und gesellschaftlich vielfältiges Leben ermöglicht. Wir können und dürfen nicht in merkantiler Kosten – und Nutzenrechnung erstarren. Denn „Die Poesie hat eine verführerische Kraft, die den Menschen auch revolutioniert, ihn offen macht, freier zu denken und wahrzunehmen. Schönheit animiert den Menschen ganz anders, als wenn man immer gleichförmig und öd ist.“ (Herzog, ebd. s.o.) Ich möchte diese Gedanken dem Theater widmen, dem öffentlichen Kulturauftrag und dafür werben, dass wir offensiv in die dringend nötige Diskussion einsteigen und uns stark machen für das kommunale Engagement in Bildung, Kunst und Kultur. Gerade in mittleren und kleineren Städten gibt es viele Menschen, die dringend Argumente benötigen, um bestehende Programme zu verteidigen und vor dem Rotstift zu bewahren. Auch zu diesem Zweck haben wir im eKulturPortal die Knowledge-Base geplant. Wir wollen gemeinsam die Sache des kommunalen Kulturauftrages vertreten und für einen lebendigen Austausch der Argumente und Positionen sorgen.
Auf der Internationalen Kulturbörse Freiburg vom 22.-25. 01. 2017 wollen wir gemeinsam darüber nachdenken und diskutieren, wie wir den Start in den digitalisierten Austausch planen und organisieren wollen. Dazu werden wir einen Fachvortrag mit Publikumsdiskussion anbieten.
Ich hoffe, wir sehen uns dort!