Blogbeitrag

Antrag der B90/ Die Grünen- Fraktionen im Bundestag und Landtag (BY) – Rettungsfond Kultur

Antrag

der Abgeordneten Erhard Grundl, Margit Stumpp, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Tabea Rößner, Katja Dörner, Dr. Anna Christmann, Kai Gehring, Maria Klein- Schmeink, Ulle Schauws, Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Kordula Schulz- Asche, Beate Walter-Rosenheimer, Dr. Danyal Bayaz, Canan Bayram, Ekin Deligöz, Britta Haßelmann, Dieter Janecek, Sven-Christian Kindler, Markus Kurth, Monika Lazar, Sven Lehmann, Claudia Müller, Lisa Paus, Filiz Polat und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

 

Maßnahmen zur Rettung der kulturellen Infrastruktur in der Corona-Krise

 

Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Als erstes geschlossen, als letztes wieder geöffnet – das sind die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf die Kultur. Konzerthäuser, Theater, Museen, Ki-nos, Clubs, Soziokulturelle Zentren – alles bleibt weiterhin geschlossen. Große Festivals vom Wacken Open-Air über das Fusionfestival bis zum Southside sind abgesagt, ebenso die Lit.Cologne oder das Theatertreffen in Berlin. Auch Tour-neetheater können nicht arbeiten, Lesungen, Ausstellungen und vieles mehr.

Es ist unbestritten, dass die Pandemie eingedämmt werden muss. Die Maßnahmen sind daher nachvollziehbar. Was aber fehlt, ist die Unterstützung der Politik für den Erhalt unsere Kultur in all ihrer Vielfalt. Wir stellen fest, dass die bisherigen Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung nur bedingt greifen, sie lassen zu viele zu-rück. Das Kontaktverbot trifft Kultureinrichtungen wie KünstlerInnen und Kul-turschaffende existenziell und unmittelbar. Zudem wird die Kulturbranche in ei-nem Exit-Szenario weiter von Veranstaltungsverboten und damit massiven wirt- schaftlichen Einbußen betroffen sein.

Dennoch sieht Kulturstaatsministerin Grütters die Kunst- und Kulturszene Deutschland nicht grundsätzlich in Gefahr. „Es wird Verluste geben, aber einen Kahlschlag sehe ich nicht”, sagte Frau Grütters der Osnabrücker Zeitung (https://www.presseportal.de/pm/58964/4561525). Diese Verluste wollen wir nicht hinnehmen.

Kultur ist demokratierelevant für eine freie, weltoffene und pluralistische Gesell- schaft. Sie ist ihr Korrektiv, bietet Inspiration, Irritation und ist vielen ein Lebens-elixier. Um einen irreparablen Schaden an unserer kulturellen Infrastruktur abzu-wehren, brauchen wir jetzt weitere umfangreiche Hilfsmaßnahmen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

  1. einen eigenen Kulturrettungsfonds für die Kulturakteure und -einrichtungen aufzusetzen, die durch die Bundes- und Landesmaßnah-men nicht zielgerichtet unterstützt werden. Durch diesen Fonds sol-len auch Ausfälle über nicht-zurückzuzahlende Zuschüsse finanziert werden.
  2. den Kulturrettungsfonds mit passgenauen Rettungspaketen für alle in Not geratenen Kulturbranchen
  3. ExpertInnenkommissionen einzurichten, unter Beteiligung der zu- ständigen Ministerien und ExpertInnen aus den jeweiligen Kultur-sparten, die die Rettungspakete
  4. die Struktur der ExpertInnenkommissionen zu nutzen, um den Wiederanlauf des Kulturbetriebs zu planen und langfristige Maßnahmen zu entwickeln, um die jeweilige Kultursparte krisenfest für die Zukunft
  5. sich für eine Vereinheitlichung der Landeshilfsprogramme mit Min- deststandards einzusetzen, damit diese allen Kulturschaffenden standortunabhängig zur Verfügung stehen und ein Flickenteppich vermieden
  6. sicherzustellen, dass im Rahmen der Soforthilfe ein Pauschalbetrag in Höhe der Pfändungsfreigrenze – von 1.180 Euro – zur Deckung des Lebensunterhalts genutzt werden
  7. die bestehenden Soforthilfen i.H. mindestens 15.000 € auch für Un- ternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern aus Mitteln des Bundes zu ge- währen und damit eine bessere Unterstützung dieser Unternehmen zu ermöglichen.
  8. die Verlängerung der Soforthilfen für kleine Unternehmen und Selbstständige, um weitere zwei Monate grundsätzlich zu ermögli- chen und nicht von einer Herabsetzung der Miete durch den Vermie- ter abhängig zu
  9. umgehend Klarheit darüber zu schaffen, was unter „Großveranstal- tungen“ zu verstehen ist und welche Einrichtungen darunter
  10. einen Fahrplan für Kultureinrichtungen und Großveranstaltungen zu erarbeiten und vorzulegen, damit bspw. Spielstätten wissen, wann sie wieder Verträge mit SchauspielerInnen, Regie und anderen freien Theaterschaffenden abschließen können und unter welchen Vorgaben, Abstandsregelungen und Hygienevorschriften der Spielbetrieb wieder anlaufen
  11. eine zentrale Not-Anlaufstelle einzurichten, an die sich Kulturschaf- fende und Kultureinrichtung wenden können und Informationen über Hilfen
  12. Rechtssicherheit für die Mitgliedschaft bei der KSK und eine finanzielle Stärkung der KSK zu
  13. die Auszahlung und Umwidmung der bereits bewilligten öffentlichen Fördermittel zu ermöglichen, trotz ausgefallener Projekte und Veranstaltungen. Erforderlich ist eine rechtlich abgesicherte Ausle- gung des
  14. den Verzicht auf den Eigenanteil der Kultureinrichtungen bei aktuell laufenden Förderungen der öffentlichen Hand zu gewähren.
  15. ein Kündigungsverbot während der Corona-Krise bei von öffentlichen Bundesmitteln getragen Kultureinrichtungen rechtlich zu verankern und auch die Länder dazu aufzurufen, Kündigungen in von Ländern getragenen Kultureinrichtungen zu
  16. ein eigenes KfW-Programm für Kultureinrichtungenaufzusetzen, dass eine 100%ige Haftungsübernahme von Krediten übernimmt, um die Probleme bei den Kreditvergaben seitens der Hausbanken zu
  17. umgehend einen Evaluierungsprozess einzuleiten und  zu  prüfen, welche Hilfsmaßnahmen greifen und wo zeitnah sowie mittelfristig nachgebessert werden muss. Dieser Prozess bedarf der parla- mentarischen
  18. den krisenbedingten Kündigungsschutz für Gewerbemiete (gilt aktuell bis 30.06.) zu verlängern, wenn es die Lage erfordert, um die Kultureinrichtungen und somit die kulturelle Infrastruktur zu schützen.
  19. die vielen kreativen Aktionen von Kulturschaffenden, die während der Corona-Krise entstehen, zukünftig stärker im Kulturhaushalt ab- zubilden, um Innovationen zu fördern, die Bundeskulturpolitik zu modernisieren und zusätzliche Kulturbereiche an der öffentlichen Förderung partizipieren zu
  20. eine schnelle Bereitstellung von Mitteln für digitale Projekte der Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden, um Streams, Videoproduktionen, Personal usw. finanzieren zu können, die jetzt dazu bei- tragen, digitale Kulturangebote in die Haushalte zu
  21. Lösungen und Maßnahmen für Kulturschaffende aus dem Ausland anzubieten, die aktuell in Deutschland leben und
  22. Projektmittel bereitzustellen, um die Entwicklung digitaler Gedenkveranstaltungen, die KZ-Gedenkstätten aus Anlass des diesjährigen
  23. Jahrestags ihrer Befreiung anbieten, zu unterstützen.
  24. Projekte anzustoßen, um die europäische und globale Zusammenarbeit und Solidarität in der Kulturlandschaft zu unterstützen, da in einigen Ländern die Krise auch genutzt wird, um einer freien und offenen Kulturszene die Förderungen zu entziehen und sich der kritischen Kultur zu
  25. konkrete Maßnahmen umzusetzen, um die prekäre wirtschaftliche und soziale Lage vieler Kulturschaffender zu verbessern und den Kulturbetrieb zukünftig krisenfester zu
  26. Als zusätzliche finanzielle Unterstützung zur Erhöhung der Gewinnmarge die Herabsetzung der Mehrwertsteuer bei Getränkeverkäufen in Kultureinrichtungen für eine festzulegende Zeit zu prüfen.

Berlin, den 21. April 2020

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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